Tierseuchen
Tierseuchen sind trotz der großen Fortschritte der Wissenschaft eine große Gefahr für die Tierbestände und die menschliche Gesundheit. Insbesondere hochansteckende Tierseuchen wie die Maul- und Klauenseuche, die Schweinepest oder die Geflügelpest verursachen erhebliche wirtschaftliche Schäden.
Schwerpunkte im Bereich der Tierseuchenbekämpfung des Landkreises Leer sind die Vorbeugung gegen die Einschleppung übertragbarer Tierkrankheiten und effektive Bekämpfungsmaßnahmen bei einem Ausbruch einer Tierseuche. Diese sollen durch vorbeugende Maßnahmen, Überwachung des Tierverkehrs und die Meldepflicht von Seuchen und Krankheiten erreicht werden.
Alle Nutztierbestände im Kreisgebiet sind erfasst und unterliegen der Aufsicht durch das Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung sowie der Untersuchungspflicht zur Erkennung besonderer Tierseuchen. Betriebe, die neu mit der Tierhaltung beginnen wollen, müssen ihre Bestände dem Veterinäramt anzeigen.
Maul- und Klauenseuche (MKS)
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hochansteckende, akut verlaufende, fieberhafte Viruserkrankung. Sie kann alle Klauentiere wie Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Rot-, Reh- und Damwild befallen. Für den Menschen stellt die MKS keine gesundheitliche Gefahr dar.
MKS verbreitet sich sehr schnell. An MKS erkrankte Tiere leiden in der Regel unter erheblichen Schmerzen. Nicht nur das Aufstehen und Laufen kann zur Qual werden, sondern die Tiere vermeiden wegen Schmerzen im Maulbereich auch das Fressen. Die geringe bzw. fehlende Futteraufnahme schwächt die Tiere zunehmend. So geht bei Milchkühen beispielsweise die Milch drastisch zurück.
In der Europäischen Union gelten für Länder mit MKS-Ausbrüchen strikte Handelsrestriktionen sowohl für lebende Klauentiere als auch deren Produkte. MKS ist eine der wirtschaftlich folgenreichsten Tierseuchen.
Seuchenlage in Deutschland
Am 10.01.2025 wurde ein Ausbruch der MKS bei Wasserbüffeln im Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg amtlich festgestellt. Es handelt sich um den Serotyp O. Entsprechende Bekämpfungs- und Schutzmaßnahmen wurden durch die zuständigen Behörden durchgeführt, Sperrzonen wurden eingerichtet. Diese wurden mittlerweile wieder aufgehoben. Seit dem 14.04.2025 ist auch der WOAH-Statur "MKS-frei ohne Impfung" für ganz Deutschland wiedereingesetzt.
Seuchenlage in der EU
Slowakei
In der Slowakei wurden im März und April 2025 insgesamt sechs Ausbrüche der MKS in Rinderbetrieben festgestellt. Seit dem letzten Ausbruch am 04.04.2025 wurden in dem Land keine weiteren Ausbrüche festgestellt. Die eingerichteten Schutz- und Überwachungszonen konnten am 05.06.2025 wieder aufgehoben werden. Weitere Informationen unter https://slak.svps.sk/.
Ungarn
In Ungarn wurden im März und April 2025 insgesamt fünf Ausbrüche der MKS in Rinderbetrieben festgestellt. Seit dem letzten Ausbruch am 17.04.2025 wurden in dem Land keine weiteren Ausbrüche festgestellt. Auch in Ungarn wurden die eingerichteten Schutz- und Überwachungszonen am 05.06.2025 wieder aufgehoben. Weitere Informationen unter https://portal.nebih.gov.hu/rszkf-kereskedelmi-informaciok.
Wichtig:
Innerhalb der EU besteht ein erhöhtes Risiko der erneuten Einschleppung des MKS-Virus nach Deutschland. Es wird dringend empfohlen, auf den Betrieben empfänglicher Arten die Biosicherheitsmaßnahmen (saubere Stallkleidung/Bestandskleidung, Quarantäne, Reinigung und Desinfektion von Transportmitteln, Zutritt für Betriebsfremde zu Stallhaltungen unterbinden etc.) einzuhalten.
Tierärzte können sich auf der Tierärztlichen Bereitschaftsliste der Tierärztekammer Niedersachsen eintragen, um im Falle eines Tierseuchenkrisenfalles ihre Mithilfe anzubieten. (Quelle: LAVES/ www.tierseucheninfo.niedersachsen.de)
Biosicherheit
Mit Biosicherheit Tierseuchenfälle verhindern und eindämmen
Die Biosicherheit beschäftigt sich mit der Analyse bestehender Gefahren, der Erregereinschleppung in Tierhaltungen sowie der Entwicklung von Maßnahmen, um dieses Risiko zu verkleinern oder zu verhindern.
„Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren“ gehören zu den wichtigsten Präventionsinstrumenten, die den Tierhalterinnen und Tierhaltern sowie anderen mit Tieren arbeitenden Personen zur Verhinderung der Einschleppung, Entwicklung und Ausbreitung von Tierseuchen zur Verfügung stehen.
Gemäß dem neuen EU-Recht müssen Tierhalterinnen und Tierhalter über Kenntnisse zu Tiergesundheit und Tierseuchen verfügen und sich der Verbreitungsgefahren von Tierseuchen bewusst sein. Auch müssen Tierhalterinnen und Tierhalter Maßnahmen zum physischen Schutz vor biologischen Gefahren (u. a. Umzäunung, Einfriedung, Überdachung, Reinigung, Desinfektion) umsetzen und sollten betriebsindividuelle Biosicherheitsmanagementpläne erstellen, in denen Verfahren zur Seuchenprävention beschrieben werden. Diese Maßnahmen sollten in einem Dokument schriftlich festgehalten und regelmäßig aktualisiert werden.
Im Seuchenfall sind die Leistungen der Niedersächsischen Tierseuchenkasse und der EU abhängig von der Einhaltung rechtlicher Vorgaben. Somit wird auch die Biosicherheit zukünftig bei der Leistungsgewährung eine größere Rolle spielen müssen. (Quelle: Niedersächsische Tierseuchenkasse). Entsprechende Informationen und Vorlagen zur Erstellung von Biosicherheitskonzepten für die Haltung von Rindern, Schweinen und Geflügel hat die Tierseuchenkasse unter folgendem Link veröffentlicht:
www.ndstsk.de/uebersicht/tierkoerperbeseitigung/biosicherheit
Lumpy Skin Disease (LSD)
Aktuelle epidemiologische Lage nach Ausbrüchen in Südeuropa
Lumpy Skin Disease (LSD) ist eine anzeigepflichtige Viruserkrankung der Rinder, verursacht durch Capripox-Viren. Die Krankheit ist in Afrika und im Nahen Osten endemisch und breitet sich seit einigen Jahren zunehmend in Europa und Südostasien aus. Im Sommer 2025 wurden erstmals Ausbrüche in Frankreich und Italien gemeldet. Die Übertragung des LSD Virus erfolgt hauptsächlich durch blutsaugende Insekten (Arthropoden Vektoren) mechanisch über die Haut. Daher kommt es vor allem in wärmeren Jahreszeiten zu Übertragungen der Krankheit, da die höheren Temperaturen den Insektenflug begünstigen. (Quelle: Friedrich-Löffler-Institut). Das Friedrich-Löffler-Institut hat Informationen zu unter anderem Symptomen und Übertragungswegen unter Lumpy Skin Disease | Friedrich-Loeffler-Institut veröffentlicht. Auch das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit stellt Informationen unter Lumpy Skin Krankheit | Tierseucheninfo zur Verfügung.
Blauzungenkrankheit (BT)
Bei der Blauzungenkrankheit handelt es sich um eine Viruserkrankung, für die Wiederkäuer wie z. B. Rinder, Schafe, Ziegen und Wildwiederkäuer sowie Kamele, zu denen auch Alpakas und Lamas zählen, anfällig sind. Andere Tiere können sich nicht mit dem Blauzungenvirus infizieren. Für Menschen ist die Blauzungenkrankheit ungefährlich. Auch die Milch infizierter Tiere stellt keine Gefahr dar.
Übertragung
Bei dem Erreger der Blauzungenkrankheit handelt es sich um ein Virus, das nicht direkt von Tier zu Tier übertragen wird, sondern indirekt durch Gnitzen. Hierbei handelt es sich um 1 bis 3 mm große Mücken. Bei der Blutmahlzeit an einem infizierten Tier nehmen die Gnitzen die Viren mit dem Blut auf. Das Virus vermehrt sich im Insekt und wird bei der nächsten Blutmahlzeit mit dem Speichel in das nächste Tier übertragen. Von dem Virus gibt es 24 klassische Serotypen (BTV-1-24), vorherrschend ist derzeit der Serotyp 3. Das Immunsystem erkennt jeden Serotyp separat als eigenen Krankheitserreger und ist nicht in der Lage, andere Serotypen ebenfalls zu bekämpfen. Besteht eine Immunität gegenüber einem Serotyp (z. B. durch eine Impfung gegen BTV-8) ist das Tier nicht gegen die übrigen Serotypen geschützt.
Symptome
Der Krankheitsverlauf ist sehr variabel, es können symptomlose Verläufe auftreten bis hin zu schweren Erkrankungen. Die Symptome bei Rindern sind Entzündungen der Zitzenhaut und der Schleimhäute im Bereich der Augenlider, Maulhöhle und Genitalien mit Bläschenbildung und Ablösungen der Schleimhäute insbesondere an Zunge, Maul und Kronsaum.
Die Anzeichen beim Schaf sind schwerwiegender als beim Rind. Erste Symptome einer akuten Erkrankung sind etwa 7 bis 8 Tage nach der Infektion zu beobachten. Dazu gehören eine erhöhte Körpertemperatur, Apathie und Absonderung von der Herde sowie typische Veränderungen der Schleimhäute. Es kommt zur Schwellung der Maulschleimhäute, vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul. Die Zunge und der Hals können anschwellen und die Zunge kann aus dem Maul hängen. Der Kronsaum kann sich entzünden und es kommt zu Lahmheiten. Bei tragenden Tieren kann es zu Fehlgeburten kommen.
Schutz und Behandlung
Die Symptome können durch z. B. Fiebersenker, Schmerzmittel oder Entzündungshemmer behandelt werden. Eine Bekämpfung des Virus selber ist im Tier nicht möglich. Da die Übertragung des Virus nicht von Tier zu Tier stattfindet, sondern über Gnitzen, ist der Schutz vor diesen entscheidend. Mögliche Bekämpfungsmaßnahmen sind:
- Reduzierung der Gnitzen durch Vermeidung von Staugewässern (z. B. auf Weiden)
- Insektenbekämpfung im Stall (Ventilatoren im Stall oder Lavendel bzw. Eukalyptus)
- Aufstallung empfänglicher Tiere während der Dämmerung und nachts
- Einsatz von Repellentien
Ein zugelassener Impfstoff gegen BTV-3 steht in der Europäischen Union zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung. Allerdings ist die Anwendung von drei BTV-3-Impfstoffen zur Seuchenbekämpfung vorerst gestattet. Es wird davon abgeraten, keine kranken Tiere zu impfen, da dies zu einer Verschlechterung der Symptomatik führen kann.
Auswirkungen auf den Handel
Gebiete, in denen der Ausbruch der Blauzungenkrankheit amtlich bestätigt wurde, verlieren den Status „seuchenfrei in Bezug auf Infektionen mit BTV“. Dies betrifft neben Niedersachsen und anderen Bundesländern auch die Niederlande und Belgien. Der Verlust des BTV-Freiheitsstatus führt zur Einschränkung im innerdeutschen sowie innergemeinschaftlichen Verbringen von lebenden Tieren. Innerhalb dieser Gebiete gibt es jedoch keine Handlungsbeschränkungen, betroffenen Betriebe werden nicht gesperrt.
Anzeigenpflicht
Die Blauzungenkrankheit ist anzeigepflichtig. Tierhalter (und andere für die Betreuung der Tiere verantwortliche Personen) müssen daher den Verdacht auf und das Auftreten von BT dem zuständigen Veterinäramt mitteilen. Sobald empfängliche Tiere Symptome zeigen, ist der Haustierarzt zu informieren, damit dieser eine entsprechende Blutprobe zur Abklärung und ggf. Bestätigung des Seuchenausbruchs nehmen kann.
Weitere Informationen
Afrikanische Schweinepest (ASP)
Die Infektion mit dem Virus der Afrikanischen Schweinepest (ASP) führt sowohl bei Haus- als auch bei Wildschweinen zu einer schweren Erkrankung, die fast immer tödlich endet. Da eine Ansteckung vornehmlich über Blut, bluthaltige Flüssigkeiten und bluthaltige Gewebe erfolgt, breitet sich die Infektion oftmals nur sehr langsam aus. Dabei reichen jedoch sehr geringe Blutmengen für eine Ansteckung aus.
Für den Menschen und andere Haustierarten ist die Afrikanische Schweinepest nicht gefährlich. Selbst der Verzehr infizierten Schweinefleisches birgt kein gesundheitliches Risiko.
Ausbrüche im Landkreis Leer
Aktuell sind dem Veterinäramt keine Ausbrüche im Landkreis Leer bekannt.
Aviäre Influenza/Geflügelpest (AI)
Die Geflügelpest, auch aviäre Influenza (AI) oder Geflügelgrippe genannt, ist eine hochansteckende Viruskrankheit von Hühnern und Puten, aber auch viele andere Vögel sind empfänglich.
Betroffene Tiere zeigen Symptome wie hohes Fieber, Appetitlosigkeit, Schwäche, Teilnahmslosigkeit und Atemnot. Es kommt zu einem drastischen Rückgang der Legeleistung. Nach einer kurzen Inkubationszeit verläuft die Erkrankung schnell und endet für die betroffenen Tiere meist tödlich.
Informationsmaterial
Weitergehende Informationen sind zu finden auf der Homepage des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter www.tierseucheninfo.niedersachsen.de sowie auf der Homepage des Friedrich-Löffler-Institutes unter www.fli.de und im Merkblatt Nutzgeflügel schützen.
Verbot der Impfung gegen die Bovine Virus Diarrhoe (BVD)
Die Bovine Virusdiarrhoe (BVD) ist eine Rinderkrankheit, die weltweit vorkommt und zu den verlustreichsten Virusinfektionen bei Rindern zählt. Sie wird seit dem 01.01.2011 in Deutschland staatlich bekämpft. Im Vordergrund der Bekämpfung steht die Identifikation von persistent, also dauerhaft, infizierten Tieren (sog. PI-Tiere) und deren Entfernung aus den Beständen. Das Impfverbot verfolgt den Zweck, zu verhindern, dass in Betrieben mit dem Status „frei von BVDV“ gegen BVDV geimpfte Tiere nicht von PI-Tieren zu unterscheiden sind und dadurch ein gewährter Status gefährdet würde.
Ausbrüche im Landkreis Leer
Aktuell sind dem Veterinäramt keine Ausbrüche im Landkreis Leer bekannt.
Tierseuchenbekämpfung im Überblick
Ziel ist es, mögliche Krankheiten zu erkennen, eine Gefährdung für die menschliche Gesundheit auszuschließen und die Weiterverbreitung von Tierkrankheiten zu verhindern. Dazu müssen vor allem Wege von Krankheits- und Seuchenerregern aufgezeigt werden, über die sie eingeschleppt oder weiterverbreitet werden können. Daher ist es sehr wichtig, dass der Weg der Tiere immer deutlich zu erkennen ist - wie die HIT-Meldungen bei Rinderhaltern.
Durch eine gezielte Beratung der Betriebe und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zur Hygiene (Hygieneprogramme) sollen gesunde Tierbestände erhalten bleiben. In die Aufklärung über die Entstehung von Tierseuchen müssen nicht nur Nutztierhalter:innen, sondern alle Bürger:innen einbezogen werden. Durch Unkenntnis oder Gedankenlosigkeit können sie Auslöser von Tierkrankheiten sein, z.B. durch das unerlaubte Verfüttern von Speiseabfällen an Wildschweine oder Schweine in der Freilandhaltung. Daher sollten keine Lebensmittel tierischer Herkunft aus Urlaubsländern mitgebracht werden, die hier als Speiseabfälle in eine Nutztierhaltung gelangen könnten.
Viele Erkrankungen von Tieren können durch gezielte Impf- und Hygieneprogramme vermieden werden. Dadurch werden gesunde und widerstandsfähige Bestände geschaffen. Die Beratung der Tierhalter und die Durchführung der Impfungen gegen Krankheitserreger wird in Zusammenarbeit mit den praktizierenden Tierärzte durchgeführt. Wir stehen Ihnen gerne bei Fragen zur Verfügung!